
Auf das richtige Timing kommt es an. Das trifft allemal auf eine Krebsbehandlung zu. Neuere Forschung zeigt, dass sogar der Tageszeitpunkt der Medikamentengabe einen Einfluss auf das Therapieansprechen hat. Die sogenannte Chronotherapie basiert auf dem Prinzip, dass die Aktivität eines Medikaments vom zirkadianen Rhythmus beeinflusst wird, da etliche physiologische Funktionen im menschlichen Körper von ebendieser inneren Uhr gesteuert werden.
In einer retrospektiven Studie haben Forschende aus Frankreich nun die Auswirkungen des Timings auf die Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren untersucht. In die Studie wurden 361 Patienten eingeschlossen, die aufgrund eines metastasierten oder lokal fortgeschrittenen soliden Tumors (davon 80% nicht-kleinzelliger Lungenkrebs) mit Pembrolizumab, Nivolumab, Atezolizumab, Durvalumab oder Avelumab allein oder kombiniert mit Chemotherapie behandelt worden waren. Die Behandlungen der im Durchschnitt 63 Jahre alten Patienten fanden zwischen November 2015 und März 2021 am Centre Leon Bérard in Lyon statt, und zwar zu unterschiedlichen Tageszeiten zwischen 7:25 Uhr und 17:21 Uhr.
Große Unterschiede im Gesamtüberleben
Patienten, die ihre Infusion überwiegend am frühen Morgen erhalten hatten, erreichten demnach ein deutlich längeres Gesamtüberleben, als solche die erst später am Tag behandelt wurden. Der Unterschied betrug 30,3 Monate versus 15,9 Monate. Als schlechtester Zeitpunkt für den Infusionsbeginn wurde 13:36 Uhr ermittelt. Das Sterberisiko war dann 4,8-mal höher im Vergleich zum besten Infusionszeitpunkt am frühen Morgen.
Eine Subgruppenanalyse zeigte jedoch, dass die Ergebnisse stark von der körperlichen Verfassung der Patienten abhingen. So beeinflusste der Startzeitpunkt der Infusion nur dann das Gesamtüberleben, wenn die Patienten einen Performance-Status von 0 oder 1 aufwiesen, also noch recht fit und selbstständig waren. Bei Patienten mit schwereren krankheitsbedingten Einschränkungen und einem Performance Status von 2 oder 3 wirkte sich das Timing hingegen nicht auf das Gesamtüberleben aus.
Einen Zusammenhang zwischen Infusionszeitpunkt und Nebenwirkungen bzw. Toxizität konnten die Forschenden bei Frauen (insges. 39 % der Studienteilnehmer), aber nicht bei Männern feststellen.
Die Studienautoren halten fest, dass Patienten mit einem Performance-Status von 0 bis 1 ein deutlich besseres Therapieansprechen und Gesamtüberleben zeigen, wenn sie ihre Infusion mit Immuncheckpoint-Inhibitoren am frühen Morgen erhalten. Es seien jedoch dringend prospektive randomisierte Studien nötig, um diese Erkenntnisse zu erhärten und in die klinische Routine zu übertragen.
Quelle: Catozzi S et al. Eur J Cancer. 2024. DOI: 10.1016/j.ejca.2024.113571


