Wie tickt unsere Immunabwehr?Ist das Immunsystem morgens jünger?

Im Laufe des Lebens altert unser Immunsystem: Es reagiert langsamer auf Krankheitserreger, Impfungen wirken weniger effektiv, und das Krebsrisiko steigt. Zugleich folgt die Immunabwehr einem 24-Stunden-Rhythmus. Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung (IfADo) haben untersucht, ob dieser Rhythmus das Immunalter beeinflusst – und ob das Immunsystem zeitweise „jünger“ agiert.

Illustration eines blauen menschlichen Körpers mit einem transparenten Schild, der mehrere schwebende, blau und rot gefärbte Viruspartikel abwehrt.
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Im Verlauf des Lebens altert unser Immunsystem und reagiert langsamer und weniger effektiv; zwar lassen sich auch tageszeitliche Schwankungen, z.B. in der Frequenz natürlicher Killerzellen, feststellen, auf das Immunalter im Tagesverlauf haben diese jedoch keinen Einfluss.

Wie stark die innere Uhr unsere Immunabwehr beeinflusst und ob sie das biologische Immunalter zeitweise verjüngen kann – diesen Fragen sind Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung (IfADo) in Dortmund nachgegangen. Dazu analysierten sie, wie sich  Blutproben, die sie morgens, mittags und abends entnommen hatten, im Tagesverlauf veränderten: Zudem bestimmten über den sogenannten „IMMune Age indeX (IMMAX)“ – ein Biomarker, der das Verhältnis bestimmter Immunzellen im Blut angibt – das individuelle Immunalter.

Immunzellen im Takt der inneren Uhr

Als ein Aspekt des biologischen Alters korreliert der IMMAX mit dem tatsächlichen Lebensalter. „Einzelne Immunzellen, die für die Berechnung des IMMAX relevant sind, unterliegen tageszeitlichen Schwankungen“, erklärt Dr. Sina Trebing, Dortmund. „So konnten wir beispielsweise morgens eine erhöhte Frequenz von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) feststellen – sie sind zentrale Schutzzellen gegen Infektionen und Krebs. Bei anderen Immunzelltypen zeigte sich dagegen ein gegensätzliches Muster.“

Die innere 24-Stunden-Uhr steuert die Aktivität des Immunsystems. Hormonspiegel, Körpertemperatur, Nervensignale und Botenstoffe geben Immunzellen einen Zeitplan vor, wann sie sich bewegen oder aktiv werden sollen. Dies führt zu tageszeitlichen Schwankungen der Menge von Immunzellen im Blut.

Auf das Immunalter im Tagesverlauf haben diese Schwankungen jedoch keinen Einfluss, wie die Forschungsgruppe nun feststellte. Trotz messbarer tageszeitlicher Unterschiede blieb der IMMAX insgesamt weitgehend stabil, da sich einzelne Immunzelltypen offenbar gegenseitig ausgleichen.

Lerchen versus Eulen: Chronotypen im Vergleich

Der IMMAX erwies sich also  als weitgehend von der Tageszeit unabhängiger Marker für das Immunalter. Dennoch zeigten sich leichte Unterschiede je nach individuellem Chronotyp. Bei en früh aktiven „Lerchen“ sank der IMMAX-Wert vom Morgen zum Mittag leicht ab, sie wurden also im Tagesverlauf immunologisch jünger. Das deutet darauf hin, dass der Zeitpunkt der Blutentnahme in Relation zum Aufstehen eine Rolle spielt. „Wann wir morgens aufwachen und aktiv sind, beeinflusst offenbar die Bewegung unserer Immunzellen und damit auch den IMMAX-Wert leicht“, erklärt Trebing.

Was bedeutet das für zukünftige Forschung?

„Für große Kohortenstudien ist der Entnahmezeitpunkt unproblematisch. Bei weiteren Projekten, die eine Bestimmung des IMMAX beinhalten, achten wir aufgrund dieser Erkenntnisse nun auf ein einheitliches Zeitfenster nach dem Aufstehen, um die Präzision noch zu erhöhen.“

Originalarbeit: Trebing S et al. Front Aging 2025 Nov 07. DOI:  10.3389/fragi.2025.1716985


Quelle: Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund