Tod einer 12-Jährigen sorgt für AufsehenVersäumnisse im Krankenhaus? Die Sicht der Angeklagten

Im Prozess um den Tod eines 12-jährigen Mädchens in einem Krankenhaus im Kreis Lippe schildern Arzt und Krankenschwester ihre Sicht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung vor – wegen fehlender Überwachung und Flüssigkeitsgabe. Das Urteil soll im November fallen.

Nordrhein-Westfalen, Detmold: Der Angeklagte betritt mit seinem Anwalt Sebastian Thieme (r) den Gerichtssaal. Nach dem Tod einer Zwölfjährigen in einem Krankenhaus im Kreis Lippe stehen ein Arzt und eine Krankenschwester wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung vor Gericht
Carsten Linnhoff/dpa
Im Gerichtssaal in Detmold: Der angeklagte Arzt und seine Verteidigung vor Beginn der Verhandlung.

Im Prozess um den Tod eines 12-jährigen Mädchens in einem Krankenhaus im Kreis Lippe (►wir berichteten) haben sich die beiden Angeklagten ausführlich geäußert. Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 52 Jahre alten Arzt und einer heute 69 Jahre alten ehemaligen Krankenschwester fahrlässige Tötung vor.

Die Nacht im Krankenhaus – was geschah?

Die Anklage geht davon aus, dass sie in einer Nacht vor rund 6 Jahren zu wenig getan haben, um den Tod des Mädchens zu verhindern. So habe die 12-Jährige zu wenig Flüssigkeit bekommen und wurde nicht am Monitor überwacht. Das Kind war am Vorabend im Dezember 2019 nach mehrtägigem Magen-Darm-Infekt mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gekommen. 

Zu diesem Zeitpunkt war es bereits durch zu viel Flüssigkeitsverlust geschwächt. Diese Diagnose hatte auch der Arzt gestellt und das Kind mit einem Tropf versorgt. Nach seiner Schilderung hatte er nach Vorschrift gehandelt. Am nächsten Morgen hatte die Mutter mehrmals die Krankenschwester auf die sich verschlechternde Situation ihrer Tochter aufmerksam gemacht. Sie starb gegen 9.00 Uhr nach erfolgloser Reanimation auf der Intensivstation. 

Streit um fehlende Dokumentation und Anrufe

Die angeklagte deutsche Krankenschwester war allerdings erst ab 6.00 Uhr im Dienst. Sie schilderte, wie sie die Stunden bis zur Reanimation des Mädchens erlebte. Sie beklagte fehlende Dokumentationen und wie sie einmal telefonisch versucht habe, den diensthabenden Arzt zu erreichen. Nach ihrer Schilderung erfolglos. Der angeklagte Arzt sagte aus, dass ihn keine Anrufe erreicht haben. Einen ersten Versuch soll es gegen 2.00 Uhr von einer Kollegin gegeben haben.

Der Arzt, der in Syrien Medizin studiert und dort seinen in Deutschland bislang nicht anerkannten Facharzt erworben hat, hatte Verantwortung für die Notaufnahme und 2 Stationen mit Patienten, die er regelmäßig mit Antibiotika versorgen musste.

Gutachter sollen Klarheit bringen

Ein Urteil will das Amtsgericht Detmold im nächsten Monat verkünden. Am nächsten Verhandlungstag am 10. November sollen 3 Gutachter, darunter ein Rechtsmediziner, aussagen. Bis heute ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Todesursache nicht geklärt. Bereits im Jahr 2023 hatte es einen ersten Prozessstart gegeben. Das Gericht beauftragte einen dritten Gutachter und unterbrach das Verfahren.