„Familiäre Polypengeschichte"Mehr Darmpolypen bei Verwandten steigern Darmkrebsrisiko

Stephanie Schikora

Das Risiko für Darmkrebs steigt, wenn bei Verwandten häufig Darmpolypen diagnostiziert werden – und zwar zum einen mit der Zahl der betroffenen Angehprigen und paralle mit der Anzahl detektierter Polypen. Besonders starkt ausgeprägt ist diese Assoziation bei der Darmkrebsdiagnosen in jungen Jahren.

darmpolypen
SciePro/stock.adobe.com

Das individuelle Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, hängt mit der Zahl der mit Darmpolypen diagnostizierten Verwandten und mit der Häufigkeit ihrer Diagnosen zusammen.

Ob ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Polypen bei Verwandten und dem Risiko für Darmkrebs besteht, diese Frage adressierten Forschende vom Deutschen Krebsforschungzentrum (DKFZ) und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Lund in Schweden. Dabei hatten sie nicht nur das Lebenszeitrisiko für Darmkrebs insgesamt im Blick, sondern auch das Risiko, bereits in unten Lebensjahren an Darmkrebs zu erkranken. Für ihre Kohortenstudie nutzten die Forschenden eine schwedische Datenbank, die mit mehr als 11 Millionen Personen mit bekanntem Verwandtschaftsgrad die weltweit größte ihrer Art ist.

Auch gutartig Pyolypenstadien zahlen auf das Risiko ein

Der leitende Autor der Studie, Dr. Mahdi Fallah, Heidelberg, sagt: „Wir haben festgestellt, dass Menschen ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für Darmkrebs haben, wenn bei ihren Verwandten wiederholt Darmpolypen diagnostiziert wurden. Das gilt insbesondere für die Entwicklung der Krankheit in jungen Jahren."

Die Bedeutung dieser Erkenntnis nimmt in Zukunft zu, da mit immer intensiverer Darmkrebsvorsorge in vielen Ländern Darmtumoren in früheren Stadien diagnostiziert werden, einschließlich des gutartigen Polypenstadiums. Deshalb könnte eine familiäre Vorgeschichte von Polypen immer relevanter für die Beurteilung des individuellen Erkrankungsrisikos werden.

Das höhere Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, besteht bereits bei einem Verwandten ersten Grades mit einer Polypendiagnose (1,4-fach im Vergleich zu Personen ohne familiäre Vorgeschichte). Das individuelle Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, hängt mit der Zahl der mit Darmpolypen diagnostizierten Verwandten und mit der Häufigkeit ihrer Diagnosen zusammen. So hat beispielsweise jemand, der zwei oder mehr Verwandte ersten Grades mit wiederholter Diagnose von Polypen hat, ein 2,4-faches Gesamtrisiko und ein ungefähr 4-faches Risiko, bereits in jungen Jahren zu erkranken.

Personalisiertere Strategien zum Screening notwendig

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, mehr personalisierte Strategien zur Früherkennung von Darmkrebs zu entwickeln, die auf Personen mit einer familiären Polypengeschichte zugeschnitten sind", sagt Mahdi Fallah. Dies bedeutet, dass Screening-Strategien sowohl die Häufigkeit der Diagnose von Darmpolypen bei Verwandten als auch die Anzahl der Verwandten mit Darmpolypen bei Darmkrebs berücksichtigen sollten. „Insbesondere der steigenden Anzahl von Darmkrebs-Diagnosen in jungen Jahren sollten wir mit einem risikoadaptierten Screening begegnen", sagt Mahdi Fallah.

 

Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebsart und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache weltweit. In der Mehrzahl der Fälle entstehen die Tumoren aus Darmpolypen. Die Entwicklung vom Polypen zum Tumor dauert schätzungsweise 10Jahre. Vorsorge-Darmspiegelungen und die Entfernung von Polypen senken sowohl die Häufigkeit als auch die Sterblichkeitsrate von Darmkrebs.

In den vergangenen Jahren sind ungefähr 12% aller neuen Fälle von Dickdarmkrebs vor dem 50. Lebensjahr diagnostiziert worden. Diese in vergleichsweise jungen Jahren auftretenden Darmkrebsfälle werden oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt und sind dann mit einer schlechteren Prognose verbunden.

 

Literatur: Hu Y et al. Gastroenterology 2025 Jan 10: S0016-5085(25)00036-8. DOI: 10.1053/j.gastro.2024.12.030

Quelle:  Pressemitteilung „Darmpolypen bei Verwandten geben Hinweis auf ein höheres Darmkrebsrisiko" vom 31.01.2025 vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg