WHO fordert KurswandelEuropas Alkoholkultur fördert Krebs – Politik muss handeln

Nirgendwo wird so viel Alkohol konsumiert wie in der EU. Ein neuer WHO-Bericht dokumentiert die Folgen, demnach versuracht Alkohol zehntausende Krebsfälle. Konsequenterweise fordert die WHO politische Maßnahmen wie höhere Steuern, Werbeverbote und strengere Verkaufsregeln. Jetzt ist entschlossenes Handeln gefragt.

Leere Wein- und Sektflaschen stehen in einer Kiste
dpaRobert Michael/dpa

Alkohol in Europa: Genuss mit fatalen Folgen – WHO fordert politische Konsequenzen zur Krebsprävention.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO wirbt im Kampf gegen Zehntausende Krebserkrankungen in Europa für entschiedene politische Maßnahmen gegen Alkohol. «Eine konsequente Alkoholpolitik gehört zu den klügsten Investitionen, die man tätigen kann», teilten das WHO-Regionalbüro Europa und die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) anlässlich der Veröffentlichung eines umfassenden Berichts zur Krebsprävention mit. Eine solche Politik rette Leben, spare Geld und zeige zudem schon innerhalb weniger Jahre ihre Wirkung.

Europa zahlt einen hohen Preis

Die Europäische Union ist nach WHO-Angaben die Subregion mit dem höchsten Alkoholkonsum der Erde und noch dazu eine, in der Krebs mittlerweile als die häufigste Todesursache gilt. Im Vergleichsjahr 2020 hat Alkohol in der EU demnach schätzungsweise 111.300 neue Krebsfälle verursacht, darunter Zehntausende Fälle von Darm-, Brust- und Mundhöhlenkrebs. In fast 7 von 10 Fällen sind Männer davon betroffen. Hinzu kämen Milliardenkosten für die EU-Länder.

Höhere Steuern und weniger Werbung – das rettet Leben

In dem neuen Bericht wirft die in Lyon ansässige WHO-Einrichtung IARC, die International Agency for Research on Cancer, nun erstmals einen genaueren Blick auf die Vorbeugung von alkoholbedingten Krebserkrankungen, zu denen die Experten mindestens 7 verschiedene Krebsarten zählen. Die Ergebnisse des Berichts ließen keine Zweifel, hieß es von der in Kopenhagen ansässigen WHO Europa: «Alkoholbesteuerung, eingeschränkte Verfügbarkeit und strenge Vermarktungsverbote verringern den Alkoholkonsum auf Bevölkerungsebene und verringern damit wiederum die Krebsbelastung.» 

Zu den geeigneten Maßnahmen zählten die Experten auch die Anhebung des Mindestalters für den Kauf und den Konsum alkoholischer Getränke sowie staatliche Monopole zur Kontrolle des Alkoholverkaufs. Trotz wachsender Belege für die Effektivität solcher Maßnahmen werde davon in Europa nach wie vor zu wenig Gebrauch gemacht.

Kulturelles Erbe versus gesundheitliches Risiko

Die WHO zählt mehr als 50 Länder zur Region Europa, darunter die EU und Staaten östlich davon bis hinein nach Zentralasien. Diese Region und davon insbesondere die Länder der Subregion EU zahlten einen zu hohen Preis für Alkohol in Form von vermeidbaren Krebserkrankungen, zerrütteten Familien sowie Milliardenkosten für die Steuerzahler, monierte Gundo Weiler, der Direktor für Prävention und Gesundheitsförderung bei der WHO Europa.

«Manche bezeichnen Alkohol als «Kulturerbe», aber Krankheit, Tod und Behinderung sollten nicht als Teil der europäischen Kultur normalisiert werden», kritisierte Weiler. «Die WHO-Region Europa kann sich nicht die Illusion leisten, dass Alkoholkonsum harmlos sei.»